Walzen, Walzenstraße, Walzwerk [1]

[825] Walzen, Walzenstraße, Walzwerk. Mit Walzen bezeichnet man allgemein ein (im Gegensatz zum absatzweisen Pressen mit Stempeln, s. Pressen) ununterbrochen fortschreitendes Pressen von Materialien aller Art durch sich drehende rollen- oder scheibenförmige Körper (Walzen). – Zweck des Walzens ist teils eine Verdichtung, teils eine Querschnittsänderung nach bestimmter Form, teils eine Biegung, teils eine Oberflächenveränderung, teils eine Zerkleinerung u.s.w. – Im nachfolgenden handelt es sich nur um das Walzen von Metallen, und zwar in der Hauptsache um das Walzen von schmiedbarem Eisen, das mit wenigen Ausnahmen (s. Kaltwalzen) in Rotglut erfolgt. – Ueber die zur Erhitzung notwendigen Oefen s. Oefen für technische Zwecke.

A. Bezeichnungen der gewöhnlichen Walzwerke und ihrer Teile (Spezialwalzwerke s. unten).

Duo- oder Zweiwalzwerke (Fig. 1) besitzen zwei Walzen, deren Achsen im allgemeinen parallel liegen und die sich in entgegengesetzter Richtung drehen. – Trio- oder Dreiwalzwerke (Fig. 2) besitzen drei übereinander liegende parallele Walzen, von denen Ober- und Mittelwalze und Mittel- und Oberwalze sich je in entgegengesetzter Richtung drehen; das Walzgut geht zwischen Unter- und Mittelwalze hindurch und zwischen Mittel- und Oberwalze wieder zurück. – Doppelduowalzwerke (Fig. 3), aus dem Triowalzwerk durch Verdopplung der Mittelwalze entstanden, besitzen zwei Walzenpaare, wobei die Oberwalze des einen Paars etwa in gleicher Höhe wie die in gleicher Richtung sich drehende Unterwalze des andern Paares sich befindet; das Walzgut geht zwischen dem einen Walzenpaar hindurch und zwischen dem andern wieder zurück. – Reversier- oder Kehrwalzwerke (Fig. 4) gestatten die Aenderung der Umdrehungsrichtung der Walzen nach jedem Durchgang des Walzguts. – Vergleich und Anwendungsgebiete dieser verschiedenen Walzwerke s. unten.[825]

Die Walzen (Fig. 5) sind in zwei Walzenständern gelagert, ihre Gesamtheit wird als Walzgerüst (Fig. 5) bezeichnet. Jedes Walzwerk besteht aus mindestens einem Gerüst; gewisse Arten von Walzwerken weisen aber eine größere Anzahl von Gerüsten (Drahtwalzwerke z.B. bisweilen zehn Gerüste und noch mehr) auf. Die Walzen werden in der Regel alle von der Hauptwelle aus durch Zahnräder (Kammwalzen) angetrieben, die in dem Kammwalzgerüst (s. Fig. 5) gelagert sind. Die Verbindung zwischen den Kammwalzen und den Walzen oder zwischen den Walzen verschiedener Gerüste erfolgt durch Kupplungen (Fig. 5). Die Gesamtheit von Antriebsmaschine und der von ihr angetriebenen Walzen samt Zubehör bezeichnet man als Walzenstraße (Fig. 5). Manche Walzenstraßen zerfallen in eine (oder mehrere) Vor- und eine (oder mehrere) Fertigstraße (Beispiele s. unten und Drahtfabrikation).

B. Einzelheiten der Walzwerke.

a) Kammwalzgerüste (Fig. 5). Man unterscheidet offene und geschlossene (Fig. 6), letztere wegen der größeren Starrheit jetzt häufiger angewendet. Als Zahnräder verwendet man vielfach Pfeilräder (s.d. und Fig. 5) oder Stirnräder, die letzteren vielfach in der Ausführung nach Fig. 7 mit gefrästen und um die halbe Zahnteilung versetzten Radkränzen. Die Anzahl der Kammwalzen und die damit sich ergebende Form des Kammwalzgerüstes hängt von der Anzahl der von ihnen unmittelbar anzutreibenden Walzen ab: Fig. 6 Kammwalzgerüst für Duo-, Fig. 5 und 8 für Trio-, Fig. 9 für Doppelduo- und Fig. 22 für Universalwalzwerk (s. unten).

b) Walzen und Walzgerüste. Man unterscheidet glatte (Fig. 10, 15–25, zur Herstellung von Blech, Panzerplatten, Universaleisen) und kalibrierte oder profilierte Walzen (Fig. 5, zur Herstellung von Profileisen, Draht u.s.w.). Ueber Kaliber und Kalibrieren der Walzen s. Kaliber und Kalibrieren. – Jede Walze (Fig. 10) besitzt zwei Laufzapfen n und zwei Kuppelzapfen o.[826] Der mittlere Teil m wird als »Ballen« bezeichnet. Die Walzen ruhen in Lagergehäusen (Einbaustücken) und sind in dem an den beiden Walzenständern bestehenden Walzgerüst entweder festgelagert oder beweglich. Die Laufzapfen werden in der Regel nur an einzelnen Stellen von verhältnismäßig schmalen Lagerschalen (aus Phosphorbronze oder Hartblei) berührt. Die Walzenständer sind entweder geschlossen (aus einem Gußstück bestehend, Fig. 15, 19, 21–28) oder offen (aus zwei Teilen bestehend, zwecks leichteren Auswechselns der Walzen mittels Kraus, Fig. 11–13, 30, 31).

Von großer Wichtigkeit ist die Uebertragung des beim Walzen auftretenden Drucks auf die Walzenständer und die Verstellbarkeit der Walzen. Um die Walzen gegeneinander einstellen zu können, muß eine Walze festgelagert und die andre bezw. die andern gegen sie mit den Einbaustücken verstellbar sein. Das Gewicht der verstellbaren Walzen samt Einbaustücken wird meistens durch Gegengewichte, hydraulische Stempel oder Federn aufgenommen. Handelt es sich um Verstellbarkeit einer Walze in größerem Betrag, wie z.B. bei Block-, Blech- und ähnlichen Walzen, so wird die verstellbare Walze durch hydraulische Stempel oder Gegengewichte nach oben bewegt und ihre Abwärtsbewegung erfolgt durch die den Druck von den beiden Einbaustücken auf die Walzenständer übertragenden Druckspindeln. Ist eine Verstellbarkeit der Walzen nur um geringe Beträge notwendig, so wendet man bei der Druckspindel Federn a (Fig. 11 und 12), auch Schraubenspindeln ohne oder in Verbindung mit Hebeln oder auch Keile an. Beispiele hierfür bieten insbesondere die Triowalzgerüste. Bei diesen wird in der Regel die Mittelwalze festgelagert. Ihr Eigengewicht und der Druck beim Durchgang des Walzguts zwischen Mittel- und Oberwalze wird durch Konsolen k k (Fig. 12) an den Ständern aufgenommen, auf die sich das Einbaustück e stützt. Der nach oben gerichtete Druck auf die Mittelwalze beim Durchgang des Walzguts zwischen Unter- und Mittelwalze wird durch einen Deckel d und von diesem entweder mittels Druckschrauben oder Keilen ebenfalls auf Konsolen k1 (Fig. 13) am Ständer oder wie beim Erdmann-Ständer (Fig. 12) durch Hebel h, die in Aussparungen des Ständers sich befinden, und Druckschrauben auf Konsolen k1 an der Außenfläche der Ständer aufgenommen. Das Einbaustück e1 der Oberwalze besitzt Federaufhängung a, die Verstellung und Druckübertragung erfolgt durch die Druckspindel s. Bei der Unterwalze wirkt der Walzdruck und das Eigengewicht nur nach abwärts; die Druckübertragung vom Einbaustück e2 auf das Gestell und die Verstellbarkeit erfolgt entweder unmittelbar durch Druckschrauben oder Keile oder mittelbar wie beim Erdmann-Ständer durch Hebel h und Druckschraube auf Konsolen an der Ständeraußenseite.

c) Kupplungen. Die Achsen der Walzen fallen im allgemeinen nicht mit den Achsen der Kammwalzen oder den Achsen der Walzen des benachbarten Walzgerüsts zusammen, da der Durchmesser der Walzen wegen des durch die Abnutzung notwendigen Abdrehens zunächst größer als der Durchmesser der Kammwalzen gehalten wird. Die Kupplung wird deshalb in der Weise bewirkt, daß die Kammwalzen und die Walzen Kuppelzapfen mit dem aus Fig. 14 hervorgehenden Querschnitt (oder ähnlich) erhalten. Zwischen die zu verkuppelnden Zapfen wird eine Kuppelspindel a (Fig. 5 und 9) desselben Querschnitts gelegt und die Bewegungsübertragung zwischen den Kuppelspindeln[827] und den Kuppelzapfen durch übergeschobene Kuppelmuffen b (Fig. 5, 9 und 14) erzielt, die zur Hälfte auf dem Kuppelzapfen, zur Hälfte auf der Kuppelspindel aufliegen. Ihre innere Form paßt sich unter Belassung eines Spielraums von etwa 1 cm der äußeren Form des Kuppelzapfens an. Die Länge der Kuppelspindeln beträgt mindestens die doppelte Länge der Kuppelmuffen, da zum Einlegen der Kuppelspindeln die beiden Muffen sich auf der Spindel befinden müssen. – Ist die Höhenverstellung einer Walze sehr groß, wie z.B. bei Block- und Blechwalzen, so muß die Spindel eine entsprechende Länge erhalten, auch werden ihre Enden, mit denen sie in den Kuppelmuffen stecken, kugelförmig gestaltet (vgl. Fig. 20). Um den Platzbedarf bei langen Spindeln zu verringern, werden auch die Kammwalzen hohl und mit einem inneren Querschnitt gleich dem der Kuppelmuffen gestaltet (Kammwalzen mit innerem Angriff, Fig. 20). Lange Kuppelspindeln werden durch ein oder zwei nachgiebige Zwischenlager unterstützt (Fig. 18, 20, 21 [9]). – Ortmann verbindet die Walzenstraßenwelle der Antriebsmaschine unmittelbar mit der zugehörigen Kammwalze, um die Anzahl der Kupplungen mit Spielraum wegen der Abnutzung u.s.w. zu vermindern [10].

C. Walzenstraßenanordnungen.

Die Walzenstraßen weisen je nach dem Walzgut, das auf ihnen hergestellt werden soll, verschiedene Anordnungen auf. Die hauptsächlichsten Arten von Walzenstraßen sind in nachfolgendem angegeben, wobei zunächst diejenigen Walzenstraßen, die glatte Walzen besitzen, und hierauf diejenigen mit profilierten Walzen behandelt werden sollen Zu den ersteren gehören die Blech-, Panzerplatten- und Universaleisenwalzwerke,[828] zu den letzteren die Block-, Draht- und Profileisen- (Träger-, Schienen-, Schwellen-, Winkeleisen- u.s.w.) Walzwerke.

a) Blechwalzwerke und zugehörige Walzwerke. Da zum Auswalzen eines Blocks (Bramme) zu einem Blech ein einziger Durchgang (Stich) nicht genügt, so muß das Walzgut die Walzen oft passieren, wobei jedesmal der Zwischenraum zwischen den Walzen verringert werden muß. Diese Walzwerke zeichnen sich also im allgemeinen durch eine starke Verstellbarkeit der Walzen aus. Für leichtes Walzgut, das sich leicht über die Oberwalze zurückgeben läßt, verwendet man Duowalzwerke mit gleichbleibender Drehungsrichtung der Walzen, für mittelschweres Walzgut Triowalzwerke und für schwere Kesselbleche und Panzerplatten, um schwere Hebevorrichtungen für das Walzgut zu umgehen, Duoreversierwalzwerke.

Fig. 1517 zeigen ein Duoreversierblechwalzwerk; die Oberwalze ist hydraulisch ausbalanciert, ihre Verstellung erfolgt durch Elektromotor M. Vor und hinter den Walzen sind zur Einführung des Walzguts in die Walzen Rollgänge (je mit einem Elektromotor E) angeordnet. Die obere Kuppelspindel ist gleichfalls hydraulisch ausbalanciert. Nach jedem Durchgang des Walzguts wird die Antriebsmaschine umgesteuert, so daß die Walzen sich in entgegengesetzter Richtung drehen, und die Oberwalze der Unterwalze etwas genähert. Da die Streckung des Walzguts hauptsächlich in der Walzrichtung erfolgt, so muß das Walzgut zur Erzielung eines Blechs von bestimmter Flächengröße von Zeit zu Zeit um 90° gedreht werden (Kreuzwalzen).

Panzerplattenwalzwerke. Sie sind Reversierduowalzwerke mit sehr kräftigen Walzen (Ausführungen bis zu 1,25 m Durchmesser und 4 m Balkenlänge) und sehr kräftigem Rollgang (Fig. 18, Grundriß eines Panzerplattenwalzwerks). An Besonderheiten weisen sie eine Blockaufsetzvorrichtung auf, die dem Zwecke dient, die Blöcke sanft auf den Rollgang abzusetzen; sie bestehen aus einer Anzahl hydraulischer Stempel, die beim Absetzen des Blocks vom Kran über die Rollen des Rollgangs hinausragen. Ferner besitzen sie eine Einrichtung, um die Platten genau in die Walzrichtung einzustellen, aus einer Anzahl (gewöhnlich vier) hydraulischer Stempel je mit Spitze bestehend; jeder dieser Stempel kann für sich gesteuert und die Platte an der betreffenden Stelle hochgehoben werden, wobei durch gleichzeitiges Bewegen des Rollgangs die Platte sich um die Spitze des emporgedrückten Stempels dreht [11].

Trioblechwalzwerke. Da die Walzen glatt sind, so kann man die Mittelwalze sich gegen die Ober- bezw. Unterwalze andrücken lassen; in der Regel gibt man dann (nach Lauth) der Mittelwalze einen kleineren Durchmesser (etwa 0,7 des Durchmessers der Ober- bezw. Unterwalze), so daß die Hubhöhe für das Walzgut vermindert wird. – Fig. 19 und 20 zeigt ein Lauthsches Blechtrio mit zwei Walzgerüsten. Von der Antriebswelle wird die Bewegung auf Ober- und Unterwalze durch drei im Kammwalzgerüst befindliche Kammwalzen (Zahnräder) und durch Kuppelspindeln (s. unten) übertragen, die Mittelwalze wird nicht angetrieben, sondern durch Reibung mitgenommen (Schleppwalze). Die Unterwalze ruht seit in ihren [829] Lagern; die Mittelwalze muß nach jedem Durchgang des Walzguts an die Ober- bezw. Unterwalze sich anlegen, sie ruht deshalb in dem in den Ständern verschiebbaren Lager (Einbaustücken), die sich auf einen Dampfkolben abstützen. Die Oberwalze muß nach jedem Durchgange des Walzguts um einen gewissen Betrag verstellt werden, sie ruht deshalb in zwei verschiebbaren Lagern, die durch einen hydraulischen Stempel oder durch Gegengewichte gegen zwei Druckspindeln gedrückt werden, deren Muttern in den Walzenständern sich befinden. Zur Verstellung der Oberwalze müssen die Druckspindeln gedreht werden. – Zum Heben und Senken des Walzguts sind Hebetische mit Gewichtsausgleich vorhanden, die zum Einführen des Walzguts von Elektromotoren angetriebene Rollen besitzen. An Stelle schwingender Hebetische verwendet man auch senkrecht auf und ab bewegliche. Fig. 21 zeigt die Ansicht einer Lauthschen Blechtriowalzwerksanlage von L. Stuckenholz in Wetter a. d. Ruhr für Blöcke bis 5000 kg Gewicht. Das Heben der Mittelwalze geschieht bei diesem Walzwerk hydraulisch.

Universalwalzwerke. Sie dienen zum Herstellen des Universaleisens (s.d.) (Flacheisen). Sie besitzen ein oder zwei vor oder (und) hinter den wagerechten Walzen angeordnete[830] Paare senkrechter Walzen. Da sowohl der Abstand der horizontalen wie der der vertikalen Walzen verstellbar ist, so ist es möglich, Blöcke und Flacheisenstäbe jeden beliebigen rechteckigen Querschnitts herzustellen. – Man unterscheidet Duo- und Triouniversalstraßen. Die Triostraßen werden in Anlehnung an das Lauthsche Blechtriowalzwerk mit dünnerer Mittelwalze gebaut. – Die senkrechten Walzen, die entweder vorn oder hinter oder auf beiden Seiten der Horizontalwalzen angeordnet sind, werden durch Kegelräder (in der Regel von oben, seltener von unten) angetrieben. Ihre Verstellung erfolgt mit Hilfe von Schraubenspindeln, die mittels Handrads oder Elektromotors gedreht werden; die Auseinanderbewegung geschieht bisweilen hydraulisch. Die Unterwalze ist festgelagert, die Gesamtverstellung der Mittel- und Oberwalze beträgt etwa das 0,8fache des Durchmessers der Unterwalze. – Die Einrichtung der Universalwalzwerke gleicht im übrigen den Blechduo- bezw. -triostraßen (s. oben).

Fig. 2224 zeigt ein kleineres Duouniversalwalzwerk von der Jünkerather Gewerkschaft Jünkerath (Rheinland) mit Ausbalancierung der Oberwalze durch Gegengewichte, Handverstellung der Ober- und der beiden Vertikalwalzen.

Ueber weitere Universalwalzwerke von Kennedy, Sack, Bechern & Keetman s. [12]; über Universalwalzwerke für Träger s. unten.

b) Walzwerke mit profilierten Walzen.

Allgemeines. Man verwendet hierfür Duo-, Trio- und Doppelduowalzgerüste, bisweilen in Kombination (vgl. z.B. Fig. 5). Duowalzwerke mit gleichbleibender Drehungsrichtung der Walzen kommen nur für leichte kurze Walzstäbe, die über die Oberwalze zurückgegeben werden, oder für lange, sehr dünne Walzstäbe, die unter der Unterwalze etwas zurückgeschoben und mit ihrem an den Walzen liegenden Ende erfaßt und wieder zwischen die Walzen gefleckt werden, in Betracht. – Duoreversierwalzwerke werden für schwere und mittelschwere Walzstäbe angewendet. – Triowalzwerke werden entweder mit Schwungradmaschinen oder mit handgesteuerten Antriebsmaschinen ausgestattet. Der Betrieb mit Schwungradmaschinen hat den Vorteil, daß in den Arbeitspausen das Schwungrad Arbeit aufspeichern und während des Walzens abgeben kann, so daß die Abmessungen der Maschine selbst klein gehalten werden können; er hat dagegen den Nachteil, daß die Walzen beim Eintritt des Walzguts zwischen die Walzen sich rasch drehen und infolgedessen schlecht fassen und daß eine Abnahme der Walzgeschwindigkeit während des Walzens auftritt und daß ein etwaiges Aufwickeln (s. unten) des Walzguts um die Walze nicht vermieden werden kann. Der Betrieb mit handgesteuerten Maschinen hat den Vorteil, daß man die Walzen zum leichteren Fassen des Walzguts sich langsam drehen läßt und nach dem Erfassen das Walzgut mit großer Geschwindigkeit durchzieht und mit geringer Geschwindigkeit aus den Walzen wieder austreten läßt, damit das Walzgut nicht weit von den Walzen weggeschleudert wird; sind, wie üblich, die Maschinen mit Reversiervorrichtung ausgestattet, so kann man beim Umwickeln des vorderen Endes um die Walze oder beim Hochsteigen des Walzguts den Stab wieder aus den Walzen zurückziehen; als Nachteil sind dagegen die wesentlich größeren Abmessungen und Kosten des Antriebmotors anzugeben. – Doppelduowalzwerke haben die Vorteile der Triowalzwerke, vermeiden aber deren Nachteile, die darin bestehen, daß die Mittelwalze[831] starkem Verschleiß ausgesetzt und gute Lagerung schwierig ist; außerdem macht auch die Kalibrierung der Triowalzen bei übereinander liegenden Kalibern Schwierigkeiten, da für jedes folgende Kaliber die eine Hälfte des Profils bereits gegeben ist (s. Kaliber, Kalibrieren) Sie werden aber nur für kleinere Walzendurchmesser angewendet.

Von den verschiedenen Arten von Walzwerken mit profilierten Walzen seien erwähnt:

Blockwalzwerke (Fig. 25) dienen zum Vorwalzen (Vorblocken) der schweren Flußeisenblöcke; sie sollen das unwirtschaftliche und umständliche Gießen von kleinen Blöcken ersetzen, die man vielmehr durch Zerschneiden der ausgewalzten großen Blöcke herstellt. – Die Blockwalzen weisen einfache (in der Regel) rechteckige Kaliberformen auf, bisweilen haben sie ein oder mehrere Vorkaliber für Walzen, Walzenstraße, Walzwerk [1]- und ähnliche Profile. – Die Blockwalzwerke sind meistens Duoreversierstraßen, seltener Triostraßen. Die Unterwalze der Duoreversierblockstraße liegt fest, die Oberwalze ist hydraulisch ausbalanciert und mit Hilfe der hydraulisch oder elektrisch betätigten Druckspindeln im allgemeinen um etwa 20–30 cm verstellbar. Fig. 26 und 27 zeigen zwei Blockwalzgerüste, von denen bei Fig. 26 die hydraulische Entlastung unten, bei Fig. 27 oben an den Walzenständern angebracht ist. Die Bewegung der Blöcke zu den Walzen geschieht durch kräftige Rollgänge, die vertieft oder (leichte Zugänglichkeit) erhöht angeordnet werden; Antrieb der Rollgänge durch Reversiermotoren (Dampf oder elektrisch). Zum Verschieben des Blocks vor die einzelnen Kaliber und zum Wenden der Blöcke um 90° dienen hydraulisch oder elektrisch betätigte Verschiebe- und Wendevorrichtungen. – Die Durchmesser der Blockwalzen betragen etwa bis zu 1100 mm, Länge bis zu 3 m, Umdrehungszahl im Maximum bis zu 150, Kraftbedarf bis zu 10000 PS. Der Antrieb der Reversierblockwalzwerke erfolgt jetzt auch elektrisch (s. Walzenzugmaschinen und [7], [12]).

Bei den eigentlichen Profileisenwalzwerken, die zum Herstellen von Trägern, Schienen, Schwellen u.s.w. bestimmt sind, unterscheidet man in Beziehung auf die Größe der Walzenstraßen in der Regel zwischen Grob-, Mittel- und Feinstraßen. Andre Bezeichnungen, dem Produkt, das auf den Straßen hergestellt wird, entsprechend, sind: Träger-, Schienen- u.s.w. Straßen.

Die Grobstraßen sind entweder Reversierduo- oder für weniger schwere Profile Triostraßen mit Antrieb durch Schwungrad- oder handgesteuerte Maschinen (s. oben).

Die Reversierduogrobstraßen (Fig. 28, Grundriß eines Reversierduos mit Rollgängen) besitzen bis zu sechs in einer Reihe angeordnete Gerüste; ihre Anzahl wird durch die Anzahl und Größe der Kaliber und der Walzenlänge bedingt. Um das Walzgut den Walzen[832] (Fig. 28) zuzuführen, werden Rollgänge vor und hinter den Walzgerüsten angeordnet; um es vor das jeweilige Kaliber zu bringen, wendet man Schleppvorrichtungen b (Fig. 28), die mittels Greifern das Walzgut seitwärts verschieben oder fahrbare Tische an, die mit einem Rollgang ausgerüstet werden.

Die Triogrobstraßen (Fig. 29) bestehen ebenfalls in der Regel aus mehreren (mindestens zwei) Gerüsten. Neben dem seitlichen Transport des Walzguts von einem zum andern Kaliber in demselben Gerüst und von einem Gerüst zum andern kommt bei ihnen noch das Heben und Senken des Walzguts von der Ebene zwischen Ober- und Mittelwalze und zwischen Mittel- und Oberwalze in Betracht. Man verwendet hierfür entweder auf jeder Seite jeden Walzgerüstes einen (feststehenden) Hebetisch oder auf jeder Walzseite einen fahrbaren Hebetisch (Fig. 29) oder für leichtere Profile Wippen. Diese letzteren bestehen aus doppelarmigen Hebeln, mit deren kurzen Schenkeln das Walzgut beim Austritt aus den Walzen von dem am langen Schenkel angreifenden Arbeiter erfaßt wird. Diese Hebel (Schwengel) hängen an Stangen, die mittels Rollen auf einer Bahn laufen; sie ist auf zwei Trägern seitlich verschiebbar, von denen der an der Walzenstraße befindliche mittels eines Dampf- oder elektrischen Hubwerks gehoben bezw. gesenkt werden kann.[833]

Die Feineisenstraßen bestehen aus einer bis zwei Vorstraßen und einer oder mehreren Fertigstraßen, deren Achsen parallel zueinander liegen. Diese Trennung wird aus dem Grunde notwendig, weil die Fertigstraße wegen der raschen Abkühlung des Walzguts eine große Umdrehungszahl erhalten muß, die man aber nicht anwenden kann, solange das Walzgut noch kurz ist, weil es sonst zu weit von den Walzen weggeschleudert würde. Es erfolgt ferner in der Regel das Walzen desselben Walzguts an mehreren Stellen seiner Länge in verschiedenen Kalibern und Gerüsten. Sobald das Walzgut so dünn ist, daß es sich leicht umbiegen läßt, wendet man (zur Ersparnis von Arbeitern) vielfach selbsttätige, Umführungen an. Beispiele s. Drahtfabrikation.

D. Spezialwalzwerke.

1. Kontinuierliche Knüppelwalzwerke (Fig. 30). Sie besitzen hintereinander angeordnete Duowalzgerüste, deren Anzahl vom Blockquerschnitt und vom kleinsten Querschnitt, der gewalzt werden soll, abhängig ist. Jedes folgende Walzenpaar muß eine größere Umfangsgeschwindigkeit haben als das vorhergehende; der Antrieb der Walzen erfolgt von einer Hauptwelle mit Kegelrädern von zu- bezw. abnehmendem Uebersetzungsverhältnis. Zwischen jedem Kegelrädergetriebe und dem zugehörigen Walzengerüst ist ein Kammwalzenpaar eingeschaltet. Das Walzgut wird von einem Gerüst zum andern um 90° mittels einer Schraubenführung gedreht. Da das Walzgut eine sehr große Länge annimmt, so werden, um die langen und teuren Rollgänge zu sparen, Stababschlagvorrichtungen (s.d.) oder (jetzt seltener) fliegende Scheren (s. Scheren) hinter dem letzten Walzgerüst angeordnet. Ein weiterer Vorteil der kontinuierlichen Walzwerke besteht in dem geringen Arbeiterbedarf. Bei Draht- und Feineisenwalzwerken. werden bisweilen einige Vorwalzgerüste als kontinuierliche Walzwerke ausgebildet.

2. Trägerwalzwerke besonderer Art. a) Greysches Trägerwalzwerk (Fig. 31–35, s.a. Normalprofile). Der Walzenbedarf für die verschiedenen Trägerprofile ist beim Walzen in Kaliberwalzen ein bedeutender; außerdem ist es schwierig, Träger mit breiten Füßen herzustellen. Um diese Nachteile zu umgehen, verwendet Grey ein Walzwerk nach Fig. 3135. Es besteht aus zwei Walzgerüsten, deren erstes ein Paar liegender (a a) und ein Paar vertikaler (b b) Walzen enthält. Zwischen diesen verstellbaren Walzen findet das Walzen des Trägers W statt, indem die horizontalen Walzen den Steg und die vertikalen die Füße des Trägers auf die richtige Dicke bringen. Das zweite Walzgerüst ist mit zwei horizontalen Walzen versehen, die nur die Außenkanten der Flanschen sauber in der vorgeschriebenen Breite bearbeiten. Die Bewegung des Trägers geschieht fortlaufend hin und her; d d sind Unterstützungswalzen für die Walzen b, c sind Rollgangsrollen, f f' seitliche Führungen für das Walzgut [14].

b) Sacksches Trägerwalzwerk (Fig. 3638). Dieses Walzwerk benutzt mehrere Sätze von je zwei horizontalen und vertikalen Walzen, die allmählich die Ausbildung des Profils besorgen [15].

3. Amerikanische Schienenwalzwerke (mit mehreren Einzelstraßen) s. [16].

4. Rillenschienenwalzwerke. [17].

5. Radscheibenwalzwerke, s. Rad, Bd. 7, S. 339, Fig. 22, 23.

6. Bandagen (Radreifen-) walzwerke, s. Rad, Bd. 7, S. 340, Fig. 32, 33.

7. Walzwerke für Eisenbahnachsen s. [18].

8. Röhrenwalzwerke zum Schweißen von Röhren und für nahtlose Röhren (Schrägwalzwerke), s. Rohrherstellung, Bd. 7, S. 474, Fig. 25, 26, S. 477, Fig. 63, 64.

9. Kettenwalzwerke, s. Ketten, Bd. 5, S. 450, Fig. 4.


Literatur: [1] Ledebur, A., Handbuch der Eisenhüttenkunde, Bd. 3, 5. Aufl., Leipzig 1909. – [2] Ders., Handbuch der mech.-metallurg. Technologie, 3. Aufl., Braunschweig 1905. – [3] Beckert, Th., Leitfaden der Eisenhüttenkunde, Bd. 3, 2. Aufl., Berlin 1900. – [4] Hauer, J. v., Die Hüttenwesenmaschinen, Leipzig 1876. – [5] Weisbach-Herrmann, Lehrbuch der Ingenieur- u. Maschinenmechanik, 3. Teil, 3. Abt., 2. Hälfte, Braunschweig 1901. – [6] Harbord, F.W., The Metallurgy of Steel, London 1904, S. 283–454. – [7] Codron, C., Procédées de forgeage dans l'industrie, Paris 1896. – [8] Puppe, J., Ueber Versuche zur Ermittlung des Kraftbedarfs an Walzwerken[834] (Dissertation), Berlin 1909. – [9] »Stahl und Eisen« 1896, S. 279, 421. – [10] Ebend. 1906, S. 17. – [11] 1905, S. 199. – [12] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1902, S. 419; 1905, S. 1440; 1907, S. 469. – [13] »Stahl und Eisen« 1909, S. 204, 516, 854. – [14] Ebend. 1898, S. 1034. – [15] Ebend. 1898, S. 1076. – [16] Ebend. 1905, S. 1425. – [17] Ebend. 1909, S. 1217, 1262. – [18] Ebend. 1909, S. 1664.

A. Widmaier.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
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Fig. 7.
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Fig. 8.
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Fig. 9.
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Fig. 10.
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Fig. 11.
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Fig. 12.
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Fig. 13.
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Fig. 14.
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Fig. 15–17.
Fig. 15–17.
Fig. 18.
Fig. 18.
Fig. 19 und 20.
Fig. 19 und 20.
Fig. 21.
Fig. 21.
Fig. 22–24.
Fig. 22–24.
Fig. 25.
Fig. 25.
Fig. 26., Fig. 28.
Fig. 26., Fig. 28.
Fig. 27.
Fig. 27.
Fig. 29.
Fig. 29.
Fig. 30.
Fig. 30.
Fig. 31–35.
Fig. 31–35.
Fig. 36–38.
Fig. 36–38.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 825-835.
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